Anatomie der Schlange  

Äußeres Erscheinungsbild

 

Alle Schlangen besitzen einen länglichen und dünnen Körper und haben bis auf wenige Ausnahmen ihre Gliedmaßen vollständig verloren. Lediglich bei den evolutionär gesehen primitiven Schlangen, wie beispielsweise den Roll- und Blindschlangen, sind zum Teil Reste des Beckengürtels und kurze Aftersporne zu finden. Von Art zu Art können sich die Körperformen stark unterscheiden. Einige Schlangen können eher untersetzt aussehen und haben einen dicken Körper mit kurzem Schwanz, so zum Beispiel die Gabunviper (Bitis gabonica), während andere sehr gleichmäßig nach hinten dünner werden, beispielsweise die Raue Grasnatter (Opheodrys aestivus). Im Querschnitt variieren sie von rund oder oval bis dreieckig. Fast immer ist der Bauch abgeflacht. Die Größe ausgewachsener Schlangen schwankt artabhängig sehr stark zwischen 10 Zentimetern bei der Schlankblindschlange (Tetracheilostoma carlae) und fast 7 Metern beim Netzpython (Python reticulatus).

                                                                             Schlangen züngeln       Blindschleichen müssen hingegen

                                                                                       mit geschlossenem       zum Züngeln ihr Maul öffnen. 

                                                                                       Maul.       

                                                

Im Unterschied zu den Schleichen (Anguidae), die mehrere Reihen von Bauchschilden aufweisen, haben Schlangen nur eine Reihe davon. Des Weiteren weist ihr Rostralschild am unteren Rand eine kleine Kerbe auf (die sogenannte Rostralkerbe), die es ihnen ermöglicht zu züngeln, ohne das Maul dafür öffnen zu müssen. Schleichen haben diese Kerbe nicht. Auch besitzen Schlangen  keine Augenlider, ihre Augen werden komplett von einer durchsichtigen Schuppe bedeckt. Bei Schleichen ist dies anders, was man am Blinzeln der Tiere erkennen kann. Ferner sind Schleichen fähig zur Autotomie, bei Gefahr können sie ihren Schwanz abwerfen. Auch diese Fähigkeit unterscheidet sie von den Schlangen, wobei bei einigen evolutionär alten, unterirdisch lebenden Schlangenarten ebenfalls der Schwanz abbrechen kann, allerdings handelt es sich dort um einen passiven Vorgang, und zudem wächst er nicht mehr nach.

 

Ein ausgesprochen auffälliger Geschlechtsdimorphismus kommt nur sehr selten vor; so weisen zum Beispiel weibliche Kreuzottern (Vipera berus) eine eher braune bis rötliche Färbung ohne sonderlich kontrastreiches Muster auf, die Männchen sind eher grau gefärbt und ihre Zeichnung hebt sich kontrastvoll von der Grundfarbe ab. Als weiteres Beispiel seien verschiedene Schuppenformen genannt: die Weibchen der Sipo (Chironius carinatus) haben glatte Schuppen, während die der männlichen Tiere gekielt sind. Weitere geschlechtsbedingte Unterschiede lassen sich nur im direkten Vergleich feststellen: Die Weibchen sind in der Regel etwas größer und umfangreicher als die Männchen, allerdings kann es auch umgekehrt sein. Der Schwanzansatz hinter der Kloake stellt ein gutes Unterscheidungsmerkmal dar. Während er sich bei den Männchen sehr gleichmäßig verjüngt, ist bei den Weibchen ein Absatz zu erkennen.

Schlangen verfügen über eine große Zahl an Farb- und Zeichnungsvarianten. Sie umfassen alle Farben des Spektrums und können einfarbig, mit wenig gefärbten Schuppen über Streifen-, Leiter- und Karomuster bis hin zu komplexen Farbkombinationen reichen. Einige ungiftige Arten haben im Laufe der Evolution ein ähnliches Muster wie giftige Arten entwickelt, um ihre Feinde zu verwirren und sich zu schützen (Mimikry). Auch bei Schlangen treten gelegentlich besondere Pigmentierungen wie Albinismus und Melanismus auf.        

 

Haut

Schlangenhaut besteht aus drei Schichten: der Epidermis (Oberhaut), der Dermis (Lederhaut) und der Subdermis (Unterhaut). Alle Schichten erfüllen verschiedene Funktionen. So besteht die Epidermis aus keratinhaltigen Zellen, die eine dichte und flexible Hornschicht ausbilden. Diese ist in Form von Schuppen angeordnet. Die Epidermis stellt die Barriere zwischen Schlangenkörper und Umwelt dar, durch sie ist das Tier vor schädlichen Umwelteinwirkungen recht zuverlässig geschützt.

In der Lederhaut befinden sich Nervenendenkollagenhaltiges Bindegewebe, Blutgefäße und Pigmentzellen (Chromatophoren). Hier empfängt die Schlange Tastsinneseindrücke und durch die hier gelagerten Pigmente erhält sie ihre Färbung. Die Subdermis enthält Fettkörper, in denen 

Energiereserven gespeichert werden, beispielsweise für die Winterruhe oder bei   ovoviviparen Schlangen für die Zeit der Trächtigkeit. 

          Schuppen           

  → Hauptartikel: Schlangenbeschuppung          

Unterschiede der Kopf- und Körperschuppen bei Amphiesma monticola

 

Schlangenschuppen werden in Kopf- und Körperschuppen unterteilt. Bei einigen Arten  (beispielsweise Nattern) sind die Kopfschilde im Verhältnis zu den Körperschuppen recht groß und können als Bestimmungsmerkmal dienen. In der Draufsicht lassen sich sechs verschiedene Kopfschilde feststellen: Scutum rostrale (Schnauzenschild, in der Regel einmal vorhanden), Scutum

internasale (Zwischennasenschild, zweimal), Scutum praefrontale (Vorderstirnschild, zweimal),

Scutum frontale (Stirnschild, einmal), Scutum supraoculare (Überaugenschild, zweimal) und Scutum parietale (Scheitelschild, zweimal). Auch in der Seitenansicht des Kopfes gibt es diverse Schildegruppen, die in ihrer Schuppenzahl jedoch von Art zu Art sehr stark variieren können.

Dies sind: Scutum nasale (Nasenschild), Scutum loreale (Zügelschild), praeoculare(Voraugenschild),

Postoculare (Hinteraugenschild),  Scutum temporale (Schläfenschild), Scutum  supralabiale (Oberlippenschild), Scutum, sublabiale (Unterlippenschild) und Scutum suboculare (Unteraugenschild). Bei vielen anderen Arten (beispielsweise den Vipern) ist die eben vorgestellte Kopfbeschuppung jedoch in viele kleine  Schuppen fragmentiert.

Bauchschuppen eines Angolapython (Python anchietae)

 

Die kleinen Körperschuppen auf dem Rücken und der Seite sind üblicherweise in Form von Längsreihen angeordnet und überlappen die jeweils hinter ihnen liegende Schuppe. Auch hier gibt es Ausnahmen wie manche Seeschlangen, deren Schuppen sich nicht überlappen, sondern nebeneinander angeordnet sind; dies schafft den Vorteil, dass sich marine Hautparasiten nicht gut festsetzen können. Am Bauch ziehen sich die Schuppen einmal quer über die gesamte Körperbreite, Schlangen haben also nur eine Reihe von Bauchschuppen. Auch hier überlappen die Schuppen die jeweils dahinter liegenden. Schuppen können sehr unterschiedlich gestaltet sein, so gibt es glänzende, matte, glatte oder auch gekielte Exemplare. Einige erfüllen sehr spezielle Funktionen; das vermutlich bekannteste Beispiel stellt hier die Schwanzrassel der Klapperschlangen dar; diese besteht aus speziellen, zu Hornringen umgeformten Schuppen.

Eine besondere Schuppe ist allen Schlangenarten gemein: diese ist durchsichtig und dient dem Schutz des Auges. Schlangen haben keine Augenlider, ihre Augen sind komplett von besagter Schuppe bedeckt. Unter Augenlider könnten Schmutz oder andere Fremdkörper dringen, deren sich

die Tiere nicht mehr entledigen könnten.

Häutung

Eine gewöhnliche Mamba (Dendroaspis angusticeps) mit abgestreifter Haut

 

 

Weil Schlangen, wie alle Reptilien, auch nach erreichter Geschlechtsreife lebenslang weiterwachsen, ihre Haut jedoch nicht kontinuierlich abgeschuppt wird, wie zum Beispiel bei den Säugetieren, müssen sie sich regelmäßig komplett häuten. Dabei dringt Luft unter die absterbende Hornschicht und löst sie dadurch langsam vom Rest ab, was an einer Trübung beziehungsweise Mattfärbung der Tiere und besonders der Augen zu erkennen ist. Darunterliegende Hautzellen wachsen, bilden eine neue Hautschicht und verhornen kurze Zeit später. Hierdurch steht das Tier nie eventuellen Einwirkungen von außen schutzlos gegenüber. Ist die Verhornung der neuen Haut abgeschlossen, beginnt die Schlange ihre Schnauze an einem scharfen oder spitzen Gegenstand zu reiben. Die alte Haut reißt auf und die Schlange versucht, sich beim Kriechen durch enge Spalten oder Astgabeln sowie um Äste oder Ähnliches herum, von ihr zu befreien. Nach der

Häutung besitzen die Tiere wieder eine feste und klar gefärbte Haut. Auch die Hornhaut der Augen,

die mit abgeschuppt wird, ist jetzt wieder klar. Die alte Haut, die Exuvie, auch „Natternhemd“ genannt, bleibt zurück.

Knochenbau

Die bei Schlangen vorhandenen Knochen lassen sich grob in drei Gruppen einteilen:

Schädelknochen, Wirbel und Rippen. Die bereits erwähnten Beckengürtelknochen sind rudimentär und erfüllen keine weitere Funktion. Ebenfalls nicht vorhanden sind Schultergürtel und Brustbein.

Schädelknochen und Zahnreihen eines Python

Durch ein Präparat illustrierte Dehnbarkeit der Schädelstrukturen

 

Der Schlangenschädel ist sehr beweglich konstruiert. Da die Kiefer- und Gaumenknochen nicht miteinander verwachsen, sondern nur durch Bänder verbunden und stark verschiebbar sind, kann

das Maul sehr weit geöffnet werden. Dies ermöglicht den Tieren, auch größere Beutetiere in einem Stück zu verschlingen. Der Oberkiefer besteht aus folgenden Knochen: Praemaxillare (als einziger fest, über dem Praefrontale, mit Schädel verbunden), Maxilla, Flügelbein, Quergaumenbein und Gaumenbein. Der Unterkiefer besteht aus zwei Unterkieferbögen. Es befinden sich ein Zahnbogen im Unter- und zwei im Oberkiefer  (ein innerer und ein äußerer).  Diese beiden Bögen sind analog dem Unterkiefer zweigeteilt. Die äußere Zahnreihe wird für den Fang und das Festhalten der Beute genutzt, die innere dient dem Transport derselben in die Speiseröhre. Dabei schieben sich linker und rechter Bogen abwechselnd nach vorne, greifen die Beute, schieben sich mit dieser nach hinten und lösen sich von ihr, um wieder nach vorne zu gleiten und neu zu beginnen. Da sämtliche

Kieferknochen relativ unabhängig voneinander bewegt werden können, müssen sie nach jedem Biss oder Beuteverschlingen durch mehrmaliges Öffnen und Schließen des Mauls wieder „sortiert“ werden.

Die Anzahl der Wirbel ist auf rund 200 bis maximal 435 erhöht. Die Wirbelkörper sind über eine Bandscheibe und ein Gelenk miteinander verbunden. Die Gelenkpfanne liegt vorne am Wirbel, der Gelenkkopf hinten. Innen führen sie in einem Kanal das Rückenmark und Blutgefäße. Zwar sind zwei Wirbel zueinander nicht zu einer besonders starken Biegung oder Drehung fähig (da hierbei Gefahr bestünde, das Rückenmark zu verletzen oder zu zerreißen), aber aufgrund der hohen Wirbelanzahl sind die Tiere sehr beweglich (mit etwa 40 Wirbeln kann eine Biegung von etwa 60° erreicht werden). Jeder Wirbel, mit Ausnahme der Hals- und Schwanzwirbel, trägt ein Rippenpaar. Die Rippen sind über ein Gelenk mit den Wirbeln verbunden und enden frei. Das Gelenk erlaubt eine aus der Normalposition heraus rückenwärts gerichtete Bewegung und eine daraus resultierende Verbreiterung des Körpers. Neben den extrem beweglichen Schädelknochen ist dies eine weitere Voraussetzung für die Schlangen, Beutetiere mit einem größeren Durchmesser als ihrem eigenen zu verschlingen.

Zähne

Die Zähne der Schlangen sind nicht zum Kauen bestimmt, sondern dienen nur dem Festhalten der Beute oder, im Falle von Giftzähnen, der Injektion von Toxinen. Sie sitzen nur lose auf dem Kiefer  auf und sind nicht fest mit ihm verwachsen. Alle Zähne sind nach hinten gerichtet; versucht ein Beutetier, sich aus dem Biss der Schlange zu befreien, bohren sich die Zähne nur noch tiefer in

seinen Körper. Bricht ein Zahn ab, so wird er ersetzt. Meist sind schon Reservezähne hinter den

bestehenden angelegt, so dass der Ersatz in relativ kurzer Zeit zur Verfügung steht.

Bei Schlangen findet man vier unterschiedliche Typen der Bezahnung:

aglyph: Derart bezahnte Schlangen besitzen keine Giftzähne. Alle Zähne sind etwa gleich groß,

haben die gleiche Form und sitzen gleichmäßig im Kiefer verteilt. Es gibt keine Besonderheiten der Zähne wie bei den anderen drei Bezahnungstypen. Zu diesen ungiftigen Schlangen gehören die

Eigentlichen Nattern (Colubrinae), Riesenschlangen (Boidae), Blindschlangen (Typhlopidae) und Schlankblindschlangen (Leptotyphlopidae).

 

proteroglyph: Bei dieser Art der Bezahnung besitzen Schlangen ein Paar Giftzähne, das im vorderen Bereich des Oberkiefers liegt. Die Giftzähne sind etwas größer und dicker als die restlichen und weisen eine Furche an ihrer Innenseite auf (Furchenzähne). Oberhalb liegen im Bindegewebe die Giftdrüsen; beißt die Schlange zu, wird das Gift mittels der Furche in den Körper des Beutetieres geleitet. Vertreter der Seeschlangen (Hydrophiinae) und Giftnattern (Elapidae) sind proteroglyph bezahnt; hierzu gehören auch die Schlangen mit den stärksten Giften, wie beispielsweise die Taipane.

 

opisthoglyph: Die Struktur der Giftzähne ist vergleichbar mit der Variante proteroglyph, im Gegensatz hierzu sitzt das Giftzahnpaar aber im hinteren Bereich des Oberkiefers. Opisthoglyph bezahnt sind die Trugnattern.

 

solenoglyph: Auch bei dieser Bezahnung sitzt ein Giftzahnpaar vorne im Oberkiefer. Allerdings sind die Giftzähne relativ lang (je nach Art zwischen drei und fünf Zentimetern) und liegen daher bei geschlossenem Maul nach hinten eingeklappt in einer Bindegewebsfalte. Die Zähne sind nicht gefurcht, sondern ihr Inneres ist – ähnlich einer Kanüle – von einer Röhre durchzogen, durch die das Gift geleitet wird (Röhrenzähne). Sobald die Schlange ihr Maul zum Biss öffnet, klappen die Giftzähne um etwa 90° nach vorn und können so tief in das Beutetier geschlagen werden. Ein großer Vorteil liegt darin, dass so auch das Gift tief in den Körper eingebracht wird. Rein mechanisch betrachtet ist die solenoglyphe Bezahnung für die Injektion am effektivsten. Alle Vipern (Viperidae) und Grubenottern (Crotalinae) sind mit solchen Röhrenzähnen ausgestattet.

Bezahnung bei Schlangen

Schädel des aglyphischen Dunklen Tigerpythons

Schädel einer proteroglyphischen Königskobra

Schädel der opisthoglyphischen Westlichen Hakennasennatter

Schädel einer solenoglyphischen Klapperschlange

 

Sinnesorgane

Schlangen sind auf verschiedene Weise in der Lage, Reize aus ihrer Umwelt wahrzunehmen und zu

verarbeiten. Allen gemein ist die Aufnahme von Gerüchen (flüchtigen Stoffen) über die Nase und

 

nichtflüchtigen Duftstoffen mittels ihrer gespaltenen Zunge (nasovomeraler Sinn). Die  gespaltene Zunge hat schon in früher Vergangenheit Menschen angeregt, über deren Funktion nachzudenken. Sie wird darin gesehen, chemosensitive Spuren zu erkennen, um Fährten von Pheromonen oder Beutetieren folgen zu können. Die Möglichkeit, gleichzeitig zwei Punkte zu bewerten, verbessert die Fähigkeit zur Differenzierung und erleichtert, Gradienten wahrzunehmen. Im Inneren des Mauls führen sie die Zungenspitzen in das Jacobson-Organ, zwei kleine Vertiefungen am Gaumen. Dort werden die Duftstoffe dann analysiert, ähnlich den Gerüchen im Riechzentrum. Mit den beiden Spitzen können die Schlangen gleichzeitig unterschiedliche Düfte wahrnehmen und daraus räumliche Informationen gewinnen. Dies ermöglicht ihnen das Aufspüren und Verfolgen von Beutetieren oder paarungsbereiten Geschlechtspartnern. Der Zweck des häufigen Züngelns ist folglich die Erforschung ihrer Umgebung.

 

Ähnlich wie auf diesem Wärmebild nimmt die Schlange mittels ihrer Infrarotrezeptoren warmblütige Beutetiere wahr

Labialgruben bei einem Python

 

Einige Arten haben Sinnesorgane zur Wahrnehmung infraroter Strahlung entwickelt.

Die Grubenottern besitzen ein Organ (das namensgebende Grubenorgan), mit dem ihnen dies

möglich ist. Es handelt sich dabei um eine Sinnesgrube zwischen Auge und Nasenloch, mit Hilfe derer Temperaturunterschiede von bis zu 0,003 °C registriert werden können. Ein ähnliches Organ haben die Riesenschlangen entwickelt, bei ihnen sind dies die Labialgruben. Diese befinden sich in den Schuppenreihen der Ober- und Unterlippe. Sie sind weniger empfindlich als das Grubenorgan und in der Lage, Temperaturunterschiede von bis zu 0,026 °C wahrzunehmen. Beide Infrarot-Sinnesorgane dienen lediglich dem Aufspüren endothermer Beutetiere. Diese heben sich, trotz

eventuell vorhandener Tarnfärbung, sehr deutlich von ihrer Umgebung ab; insbesondere nachts, wenn der Unterschied zwischen Umgebungs- und Körpertemperatur noch größer ist als tagsüber. Zum Auffinden ektothermer Beutetiere sind diese Sinnesorgane nicht hilfreich. Hierzu werden

 

nasovomeraler Sinn und Augen eingesetzt.

Die Augen spielen in der Sinneswahrnehmung von Schlangen hauptsächlich bei der Identifikation

anderer Schlangen (Rivale oder möglicher Geschlechtspartner), anderer Tiere (Beute oder Fressfeind) und der Orientierung im Raum eine Rolle. Es gibt viele unterschiedlich ausgestattete Augen und dementsprechend ist auch das Sehvermögen der Tiere unterschiedlich gut ausgeprägt. Einige Arten (meist unterirdisch lebende Schlangen) haben nur mit Stäbchen ausgestattete Augen, können also nur Helligkeitsunterschiede von Objekten erkennen, keine Farben. Andere wiederum haben nur Zapfen und können somit Farben wahrnehmen. Diese Arten sind, sofern sie keine

Infrarotrezeptoren besitzen, auf Tagaktivität beschränkt. Die am höchsten entwickelte Augenform

weist Zapfen und Stäbchen auf; derart ausgestattete Schlangen können theoretisch zu jeder Zeit,

auch nachts und in der Dämmerung, aktiv sein. Des Weiteren gibt es dünne und dicke Zapfen, die

sich in unterschiedlicher Kombination mit den anderen finden. Deren Funktionsweise ist allerdings

bisher nicht geklärt.

Das Gehör von Schlangen nimmt durch die Luft übertragene Schallwellen nur sehr schlecht bis gar

nicht wahr, da kein Außenohr vorhanden ist. Sie sind jedoch fähig, mittels ihres Innenohrs Erschütterungen des Bodens zu registrieren. Voraussetzung dafür ist, dass der Kopf auf dem Boden aufliegt. Die Erschütterungen werden dann über eine Reihe von Knochen, die mit dem Unterkiefer verbunden sind, ins Innenohr übertragen. Dieser Vorgang ist vergleichbar mit der Weiterleitung akustischer Signale durch die Gehörknöchelchen im Mittelohr der Säugetiere. Da die linke und die rechte Hälfte des Unterkiefers einer Schlange nicht starr, sondern durch flexible Bänder miteinander verbunden ist, können beide Hälften des Unterkiefers unabhängig voneinander in Schwingungen versetzt werden. Dies ermöglicht Schlangen auch eine Richtungswahrnehmung.

Wenn sich ein größeres Lebewesen auf die Schlange zubewegt, kann sie dies anhand der Stärke

der Vibrationen einschätzen und ist meist schon in ein Versteck geflüchtet, bevor der potentielle

Feind sie erreicht.

Innere Organe

Das Gehirn befindet sich in der Schädelkapsel. Die meisten ihrer inneren Organe sind der Körperform entsprechend langgestreckt. Der linke Lungenflügel ist verkümmert, während sich der rechte über bis zu zwei Drittel der Körperlänge, bei einigen Seeschlangen sogar bis zum After, erstrecken kann. Dies ist auch von außen gut erkennbar, wenn sich der Körper mit jedem Atemzug leicht ausdehnt. Im hinteren Teil geht die Luftröhre in einen Luftsack über (Tracheallunge), aus dem die Schlange in Sondersituationen ihren Sauerstoffbedarf decken kann (beispielsweise während des Verschlingens eines großen Beutetieres, wodurch manchmal die Luftröhre zusammengedrückt wird oder bei Seeschlangen während längerer Tauchgänge). Bei den Seeschlangen dient er zusätzlich als hydrostatisches Organ. Auch die Leber besteht nur noch aus dem rechten Lappen, erstreckt sich aber über den Großteil des Körpers.

Je nach präferiertem Lebensraum befindet sich das einkammerige Herz an unterschiedlicher Position. Bei baumbewohnenden (arborikolen) Schlangen sitzt es in der Nähe des Kopfes, damit auch in senkrechter Position (beispielsweise beim Klettern auf einen Baum) das Gehirn stets ausreichend durchblutet wird. Der hintere Teil des Körpers wird während dieser Zeit durch die Wirkung der Erdanziehungskraft versorgt, hier ist eine Pumpleistung für die Versorgung mit Blut durch das Herz nicht erforderlich. Eine solche Schlange kann die aufrechte Position länger halten als andere Schlangen, muss sich aber immer wieder in die Waagerechte begeben, da sonst ein Blutstau im hinteren Teil des Körpers auftreten kann. Bodenbewohnende Schlangen, die sich nur in Ausnahmefällen wie Drohverhalten, Kommentkämpfen und Ähnlichem aufrichten, haben das Herz etwa nach dem ersten Drittel der Körperlänge. So ist die Blutversorgung des gesamten Körpers gewährleistet und die Schlange ist für eine gewisse Zeit fähig, ihr vorderes Körperdrittel aufzurichten. Seeschlangen haben ihr Herz etwa in der Mitte des Körpers. So sind sie in der Lage, jegliche Position in ihrem Lebensraum einzunehmen. Befindet sich die Schlange in aufrechter oder schräger Position, so wird die Entstehung eines Blutstaus durch den Druck des Wassers von außen, der die Pumpleistung des Herzens unterstützt, verzögert.

Die Speiseröhre ist stark gekräuselt, was eine hohe Dehnbarkeit bewirkt und die Aufnahme großer Beutetiere in den Körper ermöglicht. Anzumerken ist hier, dass die gespaltene Zunge beim Verschlucken keine Rolle spielt, sondern lediglich als Sinnesorgan dient (siehe Kapitel Sinneswahrnehmung). Der Magen ist ebenfalls langgezogen und mit muskulösen Wänden ausgestattet. Er produziert die Verdauungsenzyme und extrem starke Verdauungssäuren, die alles außer Chitin (Insektenpanzer) und Keratin (Haare, Federn und Krallen) angreifen; diese werden mit den Fäkalien ausgeschieden.

Auch die Hoden und Eierstöcke besitzen eine längliche Form. Das Begattungsorgan der männlichen Schlangen ist ein paariger Hemipenis. Dieser ist artabhängig mit Stacheln oder Dornen ausgestattet, die beim Begattungsakt dazu dienen, sich in der Kloake der weiblichen Schlange zu verhaken. Aufgrund des von Art zu Art sehr unterschiedlichen Aussehens des Hemipenis ist dieser ein wichtiges Bestimmungsmerkmal.

 

 

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